Wiebke Lühmanns Job ist Fahrradfahren. Und ja, sie fährt richtig viel!
Erst kürzlich ist sie von ihrem Zuhause in Freiburg, Deutschland bis zum Kap der Guten Hoffnung in Kapstadt, Südafrika geradelt.
Die Zahlen? Einfach unglaublich:
- Distanz: 20.150 Kilometer
- Höhenmeter: 136.000 Meter
- Bereiste Länder: 22
- Gesamte Fahrzeit: 1.152 Stunden
- Tage unterwegs: 430
- Fahrtage: 283
- Ruhe-/Krank-/Orga-Tage: 147
- Durchschnittliche Fahrzeit pro Tag: 4 Stunden
- Durchschnittliche Kilometer pro Fahrtag: 71 km
- Mit Bus/Trampen zurückgelegte Distanz: ca. 1.000 km
- Gewicht von Rad, Gepäck, Essen & Wasser: ca. 30 kg (geschätzt)
Ihr Gefährt?
Ein maßgeschneidertes Wilier Adlar.
Sie ist nicht losgefahren, um Rekorde zu brechen – sie wollte einfach mehr von der Welt sehen und unterwegs spannende Menschen treffen.
Gestartet ist sie am 3. Oktober 2023 und kam 14 Monate später am 5. Dezember 2024 in Kapstadt an.
Am Anfang war eine Freundin dabei und in der Sahara hat sie einen Reisebuddy getroffen. Erst haben sie sich nur ab und zu getroffen, später sind sie dann öfter gemeinsam weitergeradelt.
Sie war also nicht immer alleine unterwegs, aber so weit weg von Zuhause und so lange unterwegs zu sein, zehrt natürlich.
Nach 15.000 km in Kongo, noch 5.000 km vom Ziel entfernt, wollte sie hinschmeißen.
Nach 10 Tagen Pause ging’s dann aber weiter – bis ganz ans Kap der Guten Hoffnung!
Ich hab Wiebke bei einem Treffen der Ortlieb Ambassadors kennengelernt.
Sie ist so eine positive Person mit richtig viel Ausstrahlung. Man merkt ziemlich schnell: Was so easy aussieht, ist ihr Beruf – und sie ist definitiv ein Vorbild für uns alle.
Und jetzt hatte ich endlich die perfekte Ausrede, sie für ein kleines Portrait anzusprechen.
Zahlen und Fakten!
Wie lange hast du bis Kapstadt gebraucht, wie viele Kilometer waren’s, und wie viel bist du im Schnitt pro Tag gefahren? Lieblingssnack? Pannen unterwegs?
Die Tour hat insgesamt 430 Tage gedauert, davon bin ich an 283 Tagen wirklich gefahren – fast 10 Monate reine Fahrtzeit.
Ich bin 20.150 Kilometer geradelt und hab etwa 136.000 Höhenmeter gemacht.
Im Schnitt waren’s 71 Kilometer pro Fahrtag, mit 4 Stunden Fahrzeit am Tag.
Pannen? Keine einzige Reifenpanne!
Mein Bike (ein Wilier Triestina Adlar Gravelbike) hat mich nie im Stich gelassen – richtig treuer Begleiter, auch in den harten Phasen.
Lieblingssnack unterwegs? Brot mit Nutella oder Erdnussbutter – perfekte Energiespritze!
So eine Reise klingt fast unglaublich. Viele kommen ja nicht mal mit dem Flugzeug so weit weg. Wie kam die Idee?
Die Idee kam schon bei meiner ersten Radtour in Südamerika.
Damals bin ich "nur" 7 Monate und 7.000 Kilometer gefahren, aber ich hab viele Leute getroffen, die von Alaska bis Patagonien oder von Kolumbien bis ans Ende von Argentinien unterwegs waren.
Nach ein paar Jahren Pause hab ich dann beschlossen: Ich will auch nochmal auf große Tour gehen.
Als ich im August 2022 am Nordkap stand, dem nördlichsten Punkt Europas, dachte ich:
Warum nicht einfach bis ganz runter ans südlichste Ende von Afrika fahren?
Einmal Nord-Süd durch zwei Kontinente.
Wie hast du dich vorbereitet?
Intensive Vorbereitung: ein paar Wochen – Arzttermine, Impfungen, Reisepass erneuern, Auslandskrankenversicherung.
Langfristige Vorbereitung: vor allem mental – Job kündigen, Wohnung aufgeben, Sachen einlagern, Kalender für 15 Monate frei machen.
Tipp: Locker bleiben.
Wenn was schiefgeht, gibt’s immer Optionen – auch die Option, zurück nach Hause zu gehen. Allein das ist ein riesiges Privileg.
Natürlich: passendes Bike suchen, Ausrüstung zusammenstellen, grobe Route planen.
Große Planung = Start, Ziel, Dauer, was brauche ich?
Detailplanung = Tag für Tag. Nicht zu viel planen gehört für mich zur Freiheit dazu.
Kurzer Rückblick: Du bist ja nicht neu im Radfahren. Wann ging das los?
Ich fahre seit 2016 Rennrad – angefangen im Studium und schnell süchtig geworden.
Durch die Südamerika-Reise hab ich die Bikepacking-Community entdeckt – und mich da mehr zuhause gefühlt als in der klassischen Rennradszene.
Später kam noch Triathlon dazu.
Jede Rad-Disziplin bringt was Neues und ich entdecke immer wieder aufs Neue dieses Gefühl von Freiheit unterwegs.
Radfahren und Projekte wie "von Freiburg nach Kapstadt" sind jetzt dein Beruf! Wie sieht das eigentlich wirklich aus?
Ich hab recht früh angefangen, meine Touren auf Social Media zu teilen.
So hab ich ziemlich früh eine coole Nische gefunden.
Die Kreativität, die Community und das Ausprobieren neuer Sachen machen mir riesig Spaß.
Am Anfang war’s pures Glück mit Sponsoren, aber ich konnte die Partnerschaften ausbauen.
Jetzt unterstützen sie auch große Projekte – wie meinen Traum, diese Reise als Dokumentarfilm umzusetzen.
Am Ende ist’s eine Mischung aus Glück, Durchhaltevermögen und einem guten Auge für Foto- und Videostorytelling.
Afrika steht für viele noch für Abenteuer – aber auch für Gefahr. Wie hast du dich vorbereitet, und was hat dich überrascht?
Tiere? Erst nach 16.000 Kilometern in Namibia hab ich wilde Tiere gesehen.
Nur weil es Safari-Touren gibt, heißt das nicht, dass überall Elefanten oder Giraffen rumlaufen.
Durch Bürgerkriege gibt’s in Teilen Westafrikas leider kaum noch Wildtiere.
Infrastruktur: anders, aber nicht unbedingt schwerer.
Oft gibt’s nur eine Hauptstraße – Navigation easy. Und wenn ich mal nicht weiterwusste, haben mir die Leute geholfen.
Gesundheit: Ich hatte Glück.
Ich hab 6 Monate Malaria-Prophylaxe genommen und bin gesund geblieben.
Klar, manchmal gab’s Essensprobleme, aber nichts Dramatisches.
Überraschendstes Land?
Guinea-Bissau.
Traumhafte, leere Strände, Affen in den Bäumen und superfreundliche Menschen. Was will man mehr?
Schönster Moment?
Die unendlichen Horizonte der Wüste und dieses Gefühl von Leichtigkeit am Ende der Reise in Namibia.
Größte Herausforderung?
Das emotionale Tief im Kongo – nicht auf die Stimmen von zuhause hören ("Brich ab!") und trotzdem weiterfahren.
Schwere Entscheidung, aber genau die richtige!
Du bist ein Vorbild für viele FLINTA*. Was ist dein wichtigster Tipp für mehr Gleichgewicht draußen?
Sich gegenseitig unterstützen. Vernetzen. Anfeuern.
Es gibt keinen Konkurrenzkampf.
Wir sind stärker, wenn alle draußen unterwegs sind und ihren Horizont erweitern.
Eine Sache, die Männer besser nicht mehr sagen sollten?
Eigene Ängste auf FLINTA projizieren.
Macht die Welt nicht sicherer, sondern nur noch bedrohlicher.
Wir Frauen haben so viele Freiheiten – warum sie nicht nutzen und zeigen, was möglich ist?
Was würdest du FLINTA raten, die ihr eigenes großes Projekt starten wollen?
Einfach machen!
Man kann immer anpassen und umplanen – Hauptsache loslegen.
Wenn’s allein zu krass ist: Freunde, Supporter oder Reisepartner*innen suchen.
Was kommt als nächstes?
Ich bin noch nicht richtig angekommen – gerade noch unterwegs bei Familie und Freunden.
Ab März zieh ich wieder in eine WG in Freiburg.
Dann geht’s los mit Buch schreiben und zusammen mit Fabienne Engel einen Film produzieren.
Was hast du unterwegs am meisten vermisst?
Privatsphäre.
Einfach mal ne Tür zumachen.
Im Zelt oder in Hotels ist echte Ruhe selten – Mücken, Hitze, Stromausfall oder Lärm waren oft echt anstrengend.
Deine wildeste Vorhersage für 2025?
Die Welt wird wieder offline-lastiger und weniger online.
Noch ein letztes Danke?
Danke an alle, die mich unterstützt, beherbergt, geholfen oder motiviert haben!
Ich durfte so viele tolle Menschen treffen und hab unglaublich viel Rückhalt gespürt – das war einfach unbezahlbar.
Danke Wiebke, dass du deine Reise und deine Geschichten mit uns geteilt hast!
Auch wenn ich ihre Antworten schon länger hatte: Diese Story bleibt zeitlos.
Ich hoffe, ihre Leidenschaft inspiriert noch viele weitere FLINTA, rauszugehen und ihre eigenen Träume zu verwirklichen.
Go Wiebke!